Antrag - AT/12141/25

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Der Rat möge beschließen:

 

Für die Bemessung des Erbbauzinses bei der Erneuerung bestehender Erbbaurechtsverträge (Erbbaurechtsgeber Hansestadt Lüneburg und Hospitalstiftungen) gelten die folgenden Grundsätze:

 

  1. Bei der Bestellung eines Erbbaurechts ist ein Erbbauzins zu vereinbaren, der einem bestimmten Prozentsatz des maßgeblichen Bodenwertes im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entspricht. Dabei ist die wirtschaftliche Lage der Hansestadt Lüneburg sowie die wirtschaftliche Lage der Erbbaurechtsnehmer angemessen zu berücksichtigen.

 

Der Erbbauzins muss für die Hansestadt wirtschaftlich sein und darf gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Erbbaurechtsnehmer nicht überfordern. Die Leistungsfähigkeit der Erbbaurechtsnehmer ist grundsätzlich am durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen zu orientieren.

 

  1. Der maßgebliche Bodenwert ist auf der Grundlage des aktuellen Bodenrichtwertes zu bestimmen. Dabei ist der Bodenrichtwert insbesondere um spekulationsbedingteSteigerungen zu bereinigen. Diese zeigen sich in exorbitanten Steigerungen der Jahre seit 2010.

 

Die Bereinigung erfolgt, indem der Bodenrichtwert 2010 unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindex (VPI) fortgeschrieben wird und aus dem so gewonnenen Wert und dem aktuellen Bodenrichtwert ein Mittelwert gebildet wird.

 

Dieser bereinigte Bodenrichtwert ist um geleistete Erschließungskosten zu reduzieren. Diese sind mit einem angemessenen Betrag in Abzug zu bringen. Ebenso sind Besonderheiten, z.B. die Lage in einem Senkungsgebiet, zu berücksichtigen.

 

  1. Der maßgebliche Bodenwert ist mit einem Prozentsatz zu multiplizieren, wobei das Ergebnis einem angemessenen Erbbauzins zu entsprechen hat. Der Zinssatz darf nicht geringer als 1,5 % sein.

 

  1. Werden Verträge vorzeitig erneuert, sind angemessene Abschläge vorzunehmen.

 

  1. Übersteigt im Einzelfall der angemessene Erbbauzins die Leistungsfähigkeit des Erbbaurechtsnehmers, sind für diese besondere Lebenslage besondere Regelungen zu vereinbaren, die vorrangig einen Verbleib in der angestammten Wohnsituation ermöglichen
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Sachverhalt

Die Verwaltung empfiehlt, den Antrag abzulehnen.


Sie nimmt wie folgt Stellung:

 

Mit dem Ziel, die u.a. im Antrag aufgeworfenen Fragestellungen umfassend zu prüfen und ein ausgewogenes, faires Erbbaurechtsmodell für sowohl Erbbaurechtsnehmer- als auch für die Vermögenswerte der Hansestadt und ihrer Stiftungen verwaltenden Erbbaurechte zu entwickeln, wurde eine interfraktionelle Arbeitsgruppe aus Politik und Stadtverwaltung eingerichtet. Diese Arbeitsgruppe fand sich erstmalig am 06.05.2024 zusammen und hat seitdem achtmal getagt. Sämtliche relevanten Aspekte wurden intensiv erörtert, diskutiert und bewertet. Die SPD Stadtratsfraktion war an allen Sitzungen beteiligt und aktiv in die Beratungen eingebunden. Zu keinem Zeitpunkt der AG wurde von Seiten der SPD hierbei deutlich gemacht, dass man sich dem Ziel eines breiten Konsens im Ergebnis verschließen wird und entgegen der Intention der AG eine eigene politische Initiative einbringen wird, die im Widerspruch zu den in der AG diskutierten Ansätzen steht.

Der Antrag ist inhaltlich nicht schlüssig und betrachtet nicht die Gesamtheit der Thematik Erbbaurecht, u.a. wird im Umgang mit der vorhandene Werten der Stadtgesellschaft eine beliebige Einordnung vorgenommen. Der Antrag bezieht sich ferner ausschließlich auf die Erneuerung von Erbbaurechten. Die Bestellung von neuen Erbbaurechten bleibt lt. Antrag z.B. unberührt.

 

Zu den einzelnen Punkten des Antrags wird wie folgt Stellung genommen:

 

Zu Nr. 1

Im Rahmen der interfraktionellen Arbeitsgruppe wurden unterschiedlichste Modelle diskutiert und im Hinblick auf ihre Vor- und Nachteile für Stadt, Stiftungen und Erbbaurechtsnehmer bewertet. Das zuletzt erarbeitete Lüneburger Modell –Stand 23.09.2025- ist aus Sicht der Stadtverwaltung als Grundlage ein verständliches und faires Instrument für sämtliche Akteure.

Die Erhebung des Erbbauzinses an die Leistungsfähigkeit sowie am durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen zu knüpfen, wird schon alleine aufgrund des damit verbundenen unnötigen bürokratischen Aufwandes abgelehnt und stellt zeitgleich eine Privilegierung der Erbbaurechtsnehmer im Vergleich von Mietern und Volleigentümern dar. Das Erbbaurecht ist ein eigentümergleiches Recht an einem Grundstück. Im Vordergrund der Betrachtung ist dementsprechend das Grundstück mit dem jeweiligen Wert zu setzen und nicht die Einkommensverhältnisse des Erbbaurechtsnehmers.

Sofern der Erbbauzins finanziell nicht leistbar ist, besteht für Erbbaurechtsnehmer die Möglichkeit den sogenannten Lastenzuschuss nach Wohngeldgesetz zu beantragen. Der Lastenzuschuss ist eine Leistung, die Eigentümern von selbst genutztem Wohneigentum wie einem Haus (auch Erbbaurecht) zugutekommt, wenn ihr Einkommen nicht ausreicht, um die Wohnkosten zu decken. Er ist eine Form des Wohngeldes für Immobilieneigentümer, die im Gegensatz zu Mietern mit einem Mietzuschuss Anspruch auf diese finanzielle Unterstützung haben können. Der Arbeitsgruppe ist bekannt, dass das Haus nicht als Vermögen zählt. Bei der Betrachtung wird das monatliche Einkommen ins Verhältnis zu den individuellen Aufwendungen (Gebäudekosten inkl. etwaige Zinsaufwendungen für das Gebäude) gesetzt. Die Thematik wurde mehrfach und ausführlich in der AG diskutiert und anhand von Bespielrechnungen für alle AG-Mitglieder plausibel dargestellt.

 

Zu Nr. 2

Die Ausführungen zum Bodenrichtwert sind nicht in Gänze nachvollziehbar. Es ist korrekt, dass der aktuelle Bodenrichtwert als Grundlage zur Berechnung des Bodenwertes maßgeblich ist.  Das ist ein deutschlandweit angewandtes und anerkanntes Verfahren.

Den Wert eines Grundstückes über den Bodenrichtwert zu ermitteln, stellt die allgemein gültige Herangehensweise dar.  Bodenrichtwerte dienen der Grundstücksmarkttransparenz. Sie stellen zonenweise durchschnittliche Lagewerte mit wertbeeinflussenden Merkmalen dar, die für die Mehrzahl der sich in der Zone befindlichen Grundstücke gelten sollen. Die Ermittlung der Bodenrichtwerte erfolgt auf der Basis von tatsächlichen Kauffällen. Beurkundende Stellen sind nach dem Baugesetzbuch verpflichtet, Kopien der Kaufverträge an die Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte zu senden. Die Gutachterausschüsse werten die Verträge über unbebaute Flächen aus und leiten daraus Bodenrichtwerte ab. Da tatsächliche Verkaufspreise zu Grunde gelegt werden, kann von einem vorliegenden Grundstücksmarkt mit entsprechender Nachfrage zu den Verkaufspreisen ausgegangen werden. Demnach ist der Bodenrichtwert objektiv betrachtet nicht spekulativ. Der Bodenrichtwert ist öffentlich, unentgeltlich einsehbar und liegt sowohl dem Erbbaurechtsgeber als auch den Erbbaurechtsnehmer zu jeder Zeit zur Verfügung.

Der Antrag sieht eine Festschreibung des Bodenrichtwertes auf Basis des Jahres 2010 vor. Der festgeschriebene Bodenrichtwert soll unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindex fortgeschrieben werden.

Erst durch die beantragte Festschreibung und künstliche Fortschreibung wird ein amtlich festgestellter und am Markt orientierter Bodenrichtwert politisch motiviert spekulativ.

Auch diese Thematik wurde in der AG hinreichend diskutiert und wiederholt darauf hingewiesen einen Bodenrichtwert nicht politisch zu definieren, sondern vielmehr die Möglichkeit zu nutzen, vom gültigen Bodenrichtwert sachlich nachvollziehbare Abschläge, z.B. Minderung Senkungsgebiet, Lärmemissionen, vorzunehmen. Das in der AG diskutierte „Lüneburger Modell“ sieht diese fachlich korrekte Vorgehensweise vor.

 

Zu Nr. 3

Wie bereits zu Nr. 2 ausgeführt, ist für die Ermittlung des Bodenwertes der aktuelle Bodenrichtwert maßgeblich. Der Bodenrichtwert wird mit der Fläche (in m²) des Grundstücks multipliziert. Nach etwaigen Abschlägen vom Bodenwert wird der rechnerisch geminderte Bodenwert mit dem Regelerbbauzins multipliziert und ergibt den zu zahlenden Erbbauzins. 

Es wird dem Antrag dahingehend zugestimmt, dass der effektive Erbbauzins mindestens 1,5 % vom Bodenwert entsprechen sollte. Dies sieht das adaptierte Lüneburger Modell bereits vor und ist dem Antragsteller bekannt. Siehe hierzu auch Antwort zu Nr. 4.

 

Zu Nr. 4

Mit Beginn der Arbeitsgruppe wurden etwaige Abschläge vom Bodenwert eingehend besprochen. Sowohl das aktuell gültige Erbbaurechtsmodell als auch das adaptierte Lüneburger Modell sehen Abschläge vor. Der Bodenwert kann durch folgende Abschläge gemindert werden:

 Restlaufzeitenverkürzung (bereits vorhanden)

 Minderungen durch Senkungsgebiet oder Lärmimmission (bereits vorhanden)

 Sonstige Baulasten bspw. Grunddienstbarkeiten (bereits vorhanden)

 Erschließungskosten (Neu)

Ein Abschlag für die vorzeitige Erneuerung ist bereits im aktuell gültigen Erbbaurechtsmodell vorhanden und wird im neuem Modell beibehalten. Der Antrag ist dahingehend inhaltslos. 

 

Zu Nr. 5

Im Rahmen der Beantwortung wird auf die Stellungnahmen zu den vorherigen Punkte 1 bis 3 verwiesen. Insbesondere ist hier der unter 1 genannte Lastenzuschuss zu nennen.

 

 

Ergänzend zum Antrag möchte die Stadtverwaltung den Bedarf eines neuen Erbbaurechtsmodells bekräftigen. Sowohl das tägliche Geschäft als auch der durchgeführte Realcheck verfestigen den Bedarf, da eine Vielzahl von Erbbaurechtsnehmern gerne ihren Erbbaurechtsvertrag verlängern oder veräußern möchte. Bis zum Beschluss eines neuen Erbbaurechtsmodells gelten allerdings die aktuellen Konditionen mit einem Regelerbbauzins von 4,0 % für Wohnraum.

Das zuletzt in der AG vorgestellte Entwurf zum Lüneburger Modell basiert richtigerweise auf dem aktuellen Bodenrichtwert. Nachdem der Bodenwert entsprechend den Abschlägen unter Punkt 4 gemindert wurde, wird der verbleibende Bodenwert mit einem Regelerbbauzins von 2,0 % multipliziert. Daraus ergibt sich der jährlich zu zahlende Erbbauzins.

Die Stadtverwaltung ist an weiteren Gespräche in Bezug auf ein neues Erbbaurechtsmodell stark interessiert und nimmt diesen Impuls grundlegend auch bei den politischen Vertretern wahr. Themen wie die Entlastung von größeren nicht anderweitig nutzbaren Grundstücksflächen durch bspw. dem Umrechnungskoeffizienten für Bodenrichtwerte steht die Stadtverwaltung offen gegenüber. Die Stadtverwaltung ist grundsätzlich bereit, die Arbeit in der AG fortzusetzen und auch kurzfristig ein gemeinsam getragenes Modell dem Rat vorzuschlagen. Die Grundlagen hierfür sind im Rahmen der AG-Arbeit geschaffen worden.

Die Vergabe von Erbbaurechten ist eine privatrechtliche Angelegenheit und sollte vor allem im Kontext der Betrachtung von „bezahlbaren Wohnraum“ fachlich betrachtet werden. Hierbei sind sehr wohl die Auswirkungen auf den Erhalt und die Schaffung von „bezahlbaren“ Wohnraum für Mieterinnen und Mieter von den Auswirkungen auf Hauseigentümer/Grundstücksmieter struktur- und sozialpolitisch differenziert zu betrachten. Es muss außerdem berücksichtigt werden, dass die Erbbaurechte der treuhänderisch verwalteten Stiftungen der Sphäre der Vermögensverwaltung zuzurechnen sind und dort vorrangig der Vermögenserhalt sicherzustellen ist. Vor dem Hintergrund, dass das erklärte Inflationsziel der Europäischen Zentralbank in einer mittelfristigen Inflationsrate von 2 % besteht, ist eine deutliche Unterschreitung des effektiven Erbbauzinses zwingend zu vermeiden.

 

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Klima und Nachhaltigkeit

 

Nachhaltige Städte und Gemeinden

++

+

-

--

 

Klimagerechte und sozialverträgliche Siedlungsplanung  (z.B. Nachverdichtung, bezahlbareres Wohnen)

 

+

 

 

 

(++) deutlich positive Auswirkung, (+) positive Auswirkung, (-) negative Auswirkung, (--) erheblich negative Auswirkung

 

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen:   ja, zum aktuellen Zeitpunkt

 nicht abschließend

 prognostizierbar.

 

Freiwillige Aufgabe in Bezug auf privatrechtliche Vertragsgestaltung

 

 

Personelle Auswirkungen:

 

Auswirkungen auf den Stellenplan:  ja, zum aktuellen Zeitpunkt

 nicht abschließend

 prognostizierbar. Hohe Abhängig-

 keit vom Verwaltungsaufwand

 des neuen Erbbaurechtsmodells

 

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Anlagen

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