Anfrage - AF/11962/25
Grunddaten
- Betreff:
-
Anfrage " Benutzung und Gebührenerhebung in Unterkünften für wohnungs-,
obdachlose und schutzsuchende, geflüchtete Menschen und zu deren Unterbringung und Versorgung" (Anfrage der Ratsfrau Esders vom 08.07.2025, eingegangen am 08.07.2025)
- Status:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Anfrage
- Beschlussorgan:
- RAT
- Bearbeitung:
- Mayte Talic
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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●
Geplant
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Rat der Hansestadt Lüneburg
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Kenntnisnahme
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28.08.2025
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01.10.2025
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Sachverhalt
Die Verwaltung beantwortet die Anfrage der Ratsfrau Esders vom 08.07.2025 wie folgt:
Aufgabe der Hansestadt Lüneburg ist es, obdachlosen oder von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen ein vorübergehendes Unterkommen immer dann zur Verfügung zu stellen, wenn sie weder aus eigenen Kräften noch mit eigenen Mitteln in der Lage sind, ihre Obdachlosigkeit, wenn auch nur vorübergehend, zu beseitigen. Zu diesem Zweck unterhält die Hansestadt Lüneburg eigene Unterkünfte und kooperiert sie eng mit dem Träger Lebensraum Diakonie e.V., der gleichfalls Räume für die ordnungsrechtliche Unterbringung zur Verfügung stellt. Stadt und Träger achten dabei darauf, dass die Unterkünfte angemessen sind. Zugleich stellt bzw. finanziert die Hansestadt Lüneburg, gemeinsam mit anderen Akteuren, Unterstützungsmöglichkeiten zur Sicherung und Erlangung von Wohnraum, Angebote der Basisberatung und zur Krisenintervention (§ 11 SGB XII) sowie stationäre Angebote (§ 67 SGB XII) vor, die darauf abzielen, die betroffenen Menschen zu stärken und die Dauer der Unterbringung so kurz wie möglich zu gestalten.
Da sich Ziel und Finanzierung ordnungsrechtlicher Unterbringung von privatrechtlichen Mietverhältnissen unterscheiden, müssen die an eine Normalwohnung zu stellenden Anforderungen (z.B. Lage, Größe, Einrichtung) bei der ordnungsrechtlichen Unterbringung nicht erfüllt werden. Ein Vergleich mit der Wohngeldtabelle oder dem qualifizierten Mietspiegel der Hansestadt Lüneburg ist daher weder sachgerecht noch zielführend, zumal die Kosten der ordnungsrechtlichen Unterbringung in der Regel deutlich die Kosten für die Versorgung mit einer eigenständigen Wohnung überschreiten. Alleine im Jahr 2024 hat die Hansestadt Lüneburg für die ordnungsrechtliche Unterbringung einen nicht unerheblichen Betrag aufgewandt. Möchte sie diese Leistung nicht vollständig aus Steuermitteln finanzieren, ist die Hansestadt Lüneburg auf die Deckung der entstehenden Kosten und damit die finanzielle Beteiligung der Betroffenen angewiesen, die in der Praxis überwiegend durch Sozialleistungsträger übernommen wird.
Die Politik ist in die Aktivitäten, namentlich die Kostenberechnung, eng eingebunden. Eine interfraktionelle AG Wohnungslosigkeit seit dem 17.02.2025 mit diesem Thema und der Frage, wie das existierende Konzept weiterentwickelt werden kann. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Gleichstellung und Ehrenamt, der Verwaltungsausschuss und der Rat der Hansestadt Lüneburg werden, zuletzt am 19.06.2025, regelmäßig in die Gebührenkalkulation und die Kostenaufstellung einbezogen. Eine Aktualisierung der Satzung erfolgte aufgrund der Gebührenfestsetzung in der Herberge, die aufgrund des neu geschlossenen Betreibervertrags erforderlich war.
Vor diesem Hintergrund beantwortet die Verwaltung die Fragen wie folgt:
- Rechtliche Grundlage der Gebührenerhebung
- Wird sichergestellt, dass bei der Unterbringung obdachloser und von Obdachlosigkeit bedrohter Menschen, sowie schutzsuchender, geflüchteter Menschen die Gebührenhöhe den Kostendeckungsgrundsatz (§5 NKAG) nicht übersteigt und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3GG) sowie dem Äquivalenzprinzip (Leistung/Gebühr) entspricht?
Grundlage der Gebührenkalkulation in allen ordnungsrechtlichen Unterbringungen öffentlicher und freier Träger ist § 5 NKAG. Danach wird so kalkuliert, dass das Gebührenaufkommen die Kosten der jeweiligen Einrichtung deckt, jedoch nicht übersteigt. Die Kosten der Einrichtung werden nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelt.
- Wie wird die Einhaltung dieser Grundsätze (siehe a)) in der Kalkulation konkret überprüft und dokumentiert?
Jedes Jahr wird eine Nachkalkulation der Kosten und Erlöse anhand eines Betriebsabrechnungsbogens (BAB) erstellt. Hier sind die IST-Zahlen des jeweiligen vorangegangenen Jahres zu sehen. Dies ist Grundlage für die Prognose der Zahlen des aktuellen Jahres und die Bedarfsberechnung der Gebühren für das folgende Jahr.
- Gibt es für die jeweiligen Standorte der Unterkünfte eine transparente und nachvollziehbare vollständige betriebswirtschaftliche Kostenaufschlüsselung und detaillierte Gebührenkalkulation, in denen z.B. auch nach Kosten für Unterkunftsmanagement und Sozialmanagement unterschieden wird?
Siehe Vorlage VO/11662/24, Anlage 2: Betriebsabrechnung (BAB) Teil 2.
Wie in der Satzung und der genannten Vorlage dargestellt, wird die Gebühr nicht nach der einzelnen Unterkunft, sondern nach Gemeinschafts- und Notunterkunft kalkuliert. Die Zuordnung erfolgt durch die gleichartige Ausstattung der Einrichtung. Nach dem NKAG kann somit eine einheitliche Benutzungsgebühr erhoben werden. Personalkosten für Unterkunftsmanagement und Sozialmanagement sind nicht umlagefähig und daher nicht in der Benutzungsgebühr enthalten.
- Wie wird mit Kosten verfahren, die durch Leerstände bzw. Überkapazitäten bei Unterbelegung und bei Gebührenausfall (z.B., wenn Gebühren nicht eingetrieben werden können) entstehen?
Bei der Kalkulation und Bedarfsberechnung wird von einer Vollbelegung der Unterkünfte ausgegangen. Die Kosten für die Leerstände trägt die Hansestadt Lüneburg. In dem Betriebsabrechnungsbogen wird die Unterdeckung des vergangenen Jahres ausgewiesen.
- Wie wird mit Kosten für den Sicherheitsdienst/Wachdienst verfahren? Werden diese auf die Unterbringungsgebühr umgelegt?
Bei der Gebührenermittlung werden ausschließlich die Kosten der Unterkunft aufgezeigt. Kosten für die Bewachung werden dabei nicht berücksichtigt.
- Wohnqualität, Belegung & Gebührentransparenz
- Sind bei den hoch angesetzten Gebühren die Menschen grundsätzlich in Einzelzimmern untergebracht oder erfolgen auch Mehrfachbelegungen der Zimmer und abgetrennten Schlafbereiche? Falls Mehrfachbelegungen erfolgen, wie viele der untergebrachten Menschen sind davon betroffen (bitte auflisten nach Geschlecht, Alter und Art der Unterbringung)?
Siehe Vorbemerkung. Unabhängig davon, dass die Gebühren aus Sicht der Hansestadt Lüneburg nicht hoch angesetzt sind, sind bei der Belegung die Faktoren Sozialverträglichkeit und gelingender Dienstbetrieb von elementarer Bedeutung mit dem Ziel einer optimalen Einrichtungsauslastung. Mehrfachbelegungen sind eher der Regelfall.
Eine differenzierte Auflistung der Mehrfachbelegungen ist, auch aufgrund steter Wechsel, nicht möglich.
- Falls eine Mehrfachbelegung der Zimmer und Schlafbereiche vorliegt, wird die anfallende Gebühr weiterhin in der im Satzungsanhang festgelegten Höhe pro Person erhoben oder gibt es eine Gebührenreduzierung für die betroffenen Personen und falls ja, in welchem Umfang?
Es wird unterschieden: Von Personen, die laufend Sozialleistungen (SGB II oder SGB XII) erhalten, wird der volle Gebührenbetrag erhoben. Bei sogenannten Selbstzahlern, d.h. Personen ohne ergänzenden Sozialleistungsbezug, erfolgt eine Einzelfallprüfung. Ziel ist es, eine Person nach Möglichkeit nicht ins Sozialleistungssystem zu drängen und damit u.U. zu demotivieren. Zugleich sind im Rahmen der per Satzung eingeräumten Ermessensentscheidung auch die Interessen der Hansestadt zu sehen, so dass eine generelle Reduzierung oder ein genereller Verzicht auf Gebühren aufgrund der Höhe des zu erwartenden Gebührenentfalles nicht zu rechtfertigen wäre.
h) Wie groß sind die Zimmer (in m²) und wie viele Menschen sind aktuell jeweils in den Zimmern und abgetrennten Schlafbereichen untergebracht? Bitte nach Art der Unterkunft, Art der Unterbringung (abgetrennter Bereich oder Zimmer), jeweiliger Zimmergröße und Anzahl der in den Zimmern und Bereichen untergebrachten Menschen aufschlüsseln.
Die Belegung der Zimmer erfolgt entsprechend der Möglichkeiten. Die Größe der Zimmer ist je nach Gebäude unterschiedlich, eine Aufschlüsselung deshalb nicht möglich.
- Sind Heiz- und Elektrizitätskosten in den Nebenkosten enthalten?
Ja (siehe Nr. 4d der Anlage zur Satzung der Hansestadt Lüneburg über die Benutzung und Gebührenerhebung für die Inanspruchnahme von Unterkünften für Personen, zu deren Unterbringung die Hansestadt Lüneburg verpflichtet ist)
j) Wie hoch ist die monatliche Gebühr für die jeweils zugewiesene Unterkunft einschließlich aller Nebenkosten in Euro je m² Wohnfläche für eine untergebrachte Person? Bitte nach Einzelbelegung und Mehrfachbelegung der Zimmer differenzieren.
Siehe Satzung v. 20.06.2025 und Anlage zur „Satzung der Hansestadt Lüneburg über die Benutzung und Gebührenerhebung für die Inanspruchnahme von Unterkünften für Personen zu deren Unterbringung die Hansestadt Lüneburg verpflichtet ist“ in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 01.07.2025. Gemäß der Anlage, dort Ziffer 4, ist als Gebührenmaßstab eine Benutzungsgebühr pro Platz und Monat ausgewiesen.
k) Wie verhalten sich die erhobenen Unterbringungsgebühren bzw. Entgelte in Euro pro m² zu den Quadratmeterpreisen der ortsüblichen Vergleichsmiete (nach §22 SGB II bzw. Mietspiegel)?
Siehe Vorbemerkung
- Soziale Gerechtigkeit & Zugang zur Erwerbstätigkeit
l) Wie viele der untergebrachten Menschen waren und sind Selbstzahler*innen (bitte für die Jahre 2022, 2023, 2024, 2025 auflisten) und gibt es eine Ermäßigung für Selbstzahler*innen, die keine laufenden Leistungen zur Existenzsicherung nach SGB II oder SGB XII erhalten, oder für nur teilweise Gebührenerstattungsberechtigte?
Eine statistische Auswertung dieser Art ist nicht möglich.
m) Falls nein (siehe l), wie wird sichergestellt, dass z.B. BaföG-Beziehende oder rentenbeziehende Selbstbezahler*innen oder anerkannte Geflüchtete, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und als Selbstzahler*innen oder nur teilweise Gebührenerstattungsberechtigte weiter in der Unterkunft leben müssen, nicht mit einer Gebührenlast konfrontiert sind, die sie überfordert und im schlimmsten Fall, z.B. bei geringem Einkommen, zu einem Verzicht auf eine Aufnahme der Erwerbstätigkeit führen könnte?
Die Hansestadt Lüneburg macht im Einzelfall von den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einer Ermessensentscheidung Gebrauch. Dabei hat sie das Interesse der betroffenen Personen mit dem Interesse der Allgemeinheit in Einklang zu bringen.
Im Übrigen werden Betroffene in Beratungsgesprächen über die Möglichkeiten der Stundung informiert.
n) Wird von Möglichkeiten Gebrauch gemacht, Gebühren bzw. Entgelte für erwerbstätige Geflüchtete sozialverträglich zu gestalten und falls ja, von welchen?
Siehe Anwort zu Frage m)
o) Greift für Menschen im Bezug des Asylbewerberleistungsgesetzes, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen und diese gegenüber der Leistungssachbearbeitung im Sozialamt anzeigen, in diesen Fällen eine Ermäßigungsregelung auf das Niveau der KdU-Sätze?
Sofern trotz des Einkommens weiterhin ein Anspruch auf Sachleistungen nach dem AsylbLG besteht, werden keine Gebühren erhoben.
p) Gibt es zur vorgelegten Satzung und Gebührenordnung eine Härtefallregelung, die beispielsweise krankheitsbedingte, familiäre oder sonstige Besonderheiten der untergebrachten Menschen abdeckt?
Auch dies sind individuelle Umstände, die im Einzelfall (Billigkeitsentscheidung des § 10a Abs. 1) nachgewiesen werden müssen und dann in der Ermessenentscheidung berücksichtigt werden.
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Wohnperspektive & Integration
q) Für welchen Zeitraum bleiben die untergebrachten Menschen in den Unterkünften und wie viele der untergebrachten Menschen konnten in den Jahren 2022, 2023, 2024 und 2025 (bisher) von der Unterbringung in Unterkünften in Wohnungen vermittelt werden? Bitte differenzieren nach obdach-, wohnungslosen und geflüchteten Menschen. Bitte sowohl die tatsächliche Anzahl der in Wohnungen vermittelten Menschen angeben als auch als Anteil relativ zur Anzahl der insgesamt in einer Unterkunft untergebrachten Menschen, aufgeschlüsselt nach Kategorie des Unterbringungsgrundes.
Die durchschnittliche Unterbringungsdauer der 422 aktuell untergebrachten Asylbewerber:innen beträgt 628 Tage und der 503 aktuell untergebrachten Personen nach Gefa beträgt 1172 Tage. Zusammengefasst liegt der Durchschnitt aller untergebrachter Personen bei 925 Tagen. Die Hansestadt Lüneburg freut sich über jeden Menschen, der aus eigenem Antrieb oder mit Unterstützung eine eigene Wohnung findet. Aufgrund der Vielzahl der Auszugsgründe wird keine Statistik geführt.
r) Wo befinden sich die Wohnungen der Menschen, die von der Unterbringung in einer Unterkunft in eine Wohnung wechselten? Bei Wohnlage in der Hansestadt Lüneburg bitte den Stadtteil, bei Wohnlage außerhalb der Stadt, bitte die jeweilige Gemeinde angeben. Da keine Person verpflichtet ist, den nächsten Wohnort mitzuteilen, kann diese Frage nicht beantwortet werden.
s) Wie viele Wohnungen stellt die Hansestadt Lüneburg explizit zur Vermittlung wohnungsloser Menschen von Unterkünften in Wohnungen zur Verfügung und wo befinden sich diese (Stadtteil, Gemeinde)?
Wie bekannt, gibt es Stiftswohnungen im Bereich Altstadt, Rotes Feld und Bardowick für Personen ab 50 Jahren, mit Schwerbehindertenausweis und einer Meldezeit in der Hansestadt Lüneburg von > 2 Jahren. Die Hansestadt Lüneburg arbeitet darüber hinaus mit anderen Trägern zusammen, um wohnungslose Menschen bei der Wohnungssuche zu unterstützen.
t) Ein Umzug in eine Wohnung löst nicht alle Herausforderungen, vor denen vormalig wohnungslose Menschen stehen. Inwieweit ist nach Verlassen einer Unterkunft bei Umzug in eine Wohnung eine weitere Hilfestellung durch (aufsuchende) Sozialarbeit für diese Menschen gewährleistet?
Die Personen, die die Obdachlosenunterkunft Rettmer und die Herberge verlassen und in eine Mietwohnung ziehen, werden in der Hauptzahl durch eine ambulante Betreuung oder eine qualifizierte Assistenz in der Wohnungssuche und im Anschluss unterstützt.
Für Geflüchtete, die aus städtischen Unterkünften ausziehen, aber auch für alle anderen Interessierten bietet die Flüchtlingssozialarbeit an 6 Standorten der Stadt wöchentliche Sprechstunden an.
- Gewalt- und Gesundheitsschutz
u) Bei einer Unterbringung von Menschen muss Gewaltschutz gewährleistet sein, der über das Vorhandensein von Wach- und Sicherheitsdiensten hinausgeht, so dass insbesondere von Gewalt betroffene und bedrohte Menschen sich kontinuierlich in geschützten Räumen aufhalten können. Wird dieser Anspruch kontinuierlich für alle Räumlichkeiten, z.B. auch in Wasch- und Haushaltsräumen, für die Menschen in den verschiedenen Unterkünften gewährleistet? Falls nicht, wo gibt es Gewährleistungslücken im Gewaltschutz und wie wird diesen entgegengewirkt?
In den städtischen Unterkünften sind Flüchtlingssozialarbeitende in einem Schlüssel von 1:50 tätig. Jede:r Bewohner:in weiß, wer für sie/ihn die richtige Ansprechperson ist.. Beziehungsarbeit ist explizit Auftrag an Sozialarbeit. Sozialarbeit ist nah dran und bekommt schnell mit, wenn es Spannungen gibt.
Bei der Belegung der Doppelzimmer und Wohneinheiten wird sensibel vorgegangen. Es wird darauf geachtet, dass Personen die zusammenwohnen, einander verstehen können und möglichst aus dem gleichen Kulturkreis kommen. Es gibt Unterkünfte mit getrennten Fluren für alleinreisende Männer, alleinreisende Frauen und Familien.
Die Erfahrungen zeigen, dass die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter bei Gewaltvorfällen entweder vom Wachdienst und/oder den Betroffenen umgehend informiert werden und dann gezielte Schutzmaßnahmen ergreifen können. Häufig führen Gewaltvorfälle zu Änderungen in der Belegung und Umzügen in andere Unterkünfte oder innerhalb von Unterkünften. Außerdem berät die Sozialarbeit in solchen Fällen und vermittelt Betroffene an Fachstellen.
Die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden ist sehr gut.
v) Gibt es in den Unterkünften Gewaltschutzkonzepte, Handlungsleitlinien und Interventionspläne für den Umgang mit Gewaltvorfällen und falls ja, an welchen Mindeststandards und/oder Schutzkonzepten (z.B. Empfehlungen des Landes Niedersachsen, Istanbul-Konvention, Schutzkonzepte für Sammelunterkünfte) orientieren diese sich?
In den Unterkünften städtischer und freier Träger gilt Null Toleranz bei Gewalt.
Folgende Handlungsleitlinien sind maßgeblich für die Prävention und den Umgang mit Gewaltvorfällen:
- Präventive Fallarbeit der Sozialarbeit und frühe Moderation in Konfliktfällen, bevor es zur Eskalation kommt
- Sensibles Belegungsmanagement. Personen, die eingeschränkt sozialverträglich sind oder von denen bekannt ist, dass sie zu Gewalttaten neigen, können tlw. in Einzelzimmern untergebracht werden. Diese Personen werden dahingehend beraten, Ruhe in ihr Leben zu bringen (Beschäftigung, Klärung von Schulden und anderer Herausforderungen…)
- Jedem Hinweis wird nachgegangen. Jeder Vorfall wird konsequent bearbeitet (Klärung des Vorfalls, Schutz für Opfer herstellen, Perspektive schaffen, Konsequenzen und sozialpädagogische Arbeit mit Täter:innen)
- Dokumentation in den jeweiligen Fallakten
- Opferschutz (Beratung, Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Fachstellen, möglicherweise Verlegung in andere Unterkünfte)
- Wachdienstfirmen werden soweit wie notwendig eingesetzt. Der zeitliche Umfang des Wachdienstes wird bedarfsgerecht angepasst.
- Konsequenzen bzw. Sanktionen für Täter:innen (bis hin zu Hausverboten und Umsetzung in andere Unterkünfte)
- Fallbesprechungen bei Gewaltvorfällen (Nachbesprechung, kontinuierliche Verbesserung der Prävention, Interdisziplinärer Runder Tisch u.a. mit Polizei, PKL, SpDi)
w) Welche konkreten Maßnahmen bestehen zum Schutz von Frauen, queeren Menschen und LGBTQIA+-Personen vor geschlechtsspezifischer, sexualisierter, homophober/transfeindlicher Gewalt in den Unterkünften?
Der Sozialdienst geht bei der Belegung der Unterkünfte sensibel vor und auf besondere Bedarfe ein. Die Zimmerbelegung wird entsprechend geplant.
Aufgrund der geringen Aufnahmequote von untergebrachten Frauen ist es derzeit noch möglich, diese in Einzelzimmern unterzubringen. In der Herberge wird entsprechend vorgegangen. Zudem wird darauf geachtet, dass es auch nach Geschlecht getrennte Flure in den Unterkünften gibt.
Queere Personen wurden bisher in passenden WG-Einheiten oder in Einzelzimmern untergebracht. Bei verbaler und/oder körperlicher Gewalt wird der Wachdienst bzw. die Polizei hinzugezogen.
x) Wie viele Gewalt- und Übergriffsereignisse wurden in den Unterkünften in den Jahren 2022, 2023, 2024 und 2025 (bisher) dokumentiert? Bitte inklusive Angabe der jeweiligen Einsätze von Polizei und Rettungsdienst sowie ggf. Aufenthaltsort und Art der Unterkunft.
Eine statistische Auswertung dieser Art ist nicht möglich.
y) Welche Maßnahmen bestehen zum Schutz der in den Unterkünften tätigen Mitarbeitenden (Sicherheits- und Wachdienste, Sozialarbeiter*innen, Hausmeister*innen, usw.) vor Bedrohungen oder Übergriffen? Gibt es Schulungen, Interventionspläne und Notrufsysteme?
Für den Schutz der Mitarbeitenden gibt es eine Reihe von Maßnahmen. Auf psychischer Ebene dienen die kollegiale Fallberatung in Kleingruppen, Supervision und das Angebot der unabhängigen Beratungsstelle in Kooperation mit der PKL zum Schutz der Mitarbeitenden. Darüber hinaus und auch für die Gewaltprävention finden regelmäßige PART-Trainings und entsprechende Auffrischungen statt. Die Ausstattung der Unterkünfte mit Wachdiensten ist Standard, wobei der Umfang der Wachdienstpräsenz bedarfsgerecht angepasst wird. In der GU Rettmer ist auch eine Erreichbarkeit des Wachdienstes per Funkgerät eingerichtet und in einigen Büros wurden Fluchttüren eingebaut. Durch die Leitung findet eine enge Begleitung der Mitarbeitenden statt und es werden proaktive Gespräche zum Sicherheitsgefühl, zu Handlungsoptionen und zur Prävention besprochen. Elementar für den Schutz der Mitarbeitenden ist die enge und gute Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden. Hierzu zählen polizeiliche Gefahreneinschätzungen und präventive Unterstützungen bei der Durchsetzung des Hausrechts. Grundsätzlich wird allen Hinweisen nachgegangen und Vorfälle werden kritisch nachbereitet.
z) Wie ist die medizinische Grundversorgung der untergebrachten Personen sichergestellt – insbesondere bei Menschen ohne Krankenversicherung und bei Menschen mit chronischen Erkrankungen oder psychischer Belastung? Gibt es aufsuchendes medizinisches Personal, konkret angebotene niedrigschwellige medizinische Anlaufstellen oder Kooperationen mit Einrichtungen der Gesundheitsversorgung?
Untergebrachte Personen mit ausschließlichem Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind nach Aufenthaltsdauer zu unterscheiden in Grundleistungsbeziehende gemäß § 3 (bis 36 Monate), die gemäß § 4 einen Anspruch auf sogenannte ‚Notfall- und Schmerzbehandlung‘ haben. Praktisch wird dies verwaltungsseitig über die Erstellung und Aushändigung von Krankenscheinen sichergestellt.
Leistungsbeziehende mit Anspruch nach § 2, sogenannte ‚Analogleistungsbeziehende‘ (Aufenthaltsdauer ab 36 Monate), erhalten in analoger Anwendung des SGB XII Krankenversicherung über die Regelungen des ‚GKV-Modernisierungsgesetz (Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung). Leistungsbeziehende erhalten von einer Krankenkasse ihrer Wahl eine Versicherungskarte. Die Leistungen der Krankenkassen entsprechen den Leistungen, die bspw. eine pflichtversicherte Person erhalten würde. Die Krankenkassen rechnen die erbrachten Leistungen zzgl. einer Aufwandspauschale mit der Hansestadt gemäß § 264 SGB V ab.
Die Verwaltung ist zudem in kontinuierlichen Gesprächen zu der Frage, wie eine ärztliche Unterstützung vor Ort sichergestellt bzw. wie Bewohner ärztlich erreicht werden können.
Klima und Nachhaltigkeit
Ziel |
Unterziel |
Bewertung |
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Gesundheit und Wohlergehen |
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Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten |
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Verringerung aller Formen der Armut |
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Weniger Ungleichheiten |
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Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Mädchen |
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(++) deutlich positive Auswirkung, (+) positive Auswirkung, (-) negative Auswirkung, (--) erheblich negative Auswirkung
Anlagen
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(wie Dokument)
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