Antrag - VO/11946/25

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Sachverhalt

 

Die Verwaltung nimmt zu dem beigefügten Antrag auf Einrichtung einer Grundsteuer C wie folgt Stellung:

Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Urteil vom 10.04.2018 die Grundlagen des bisherigen Grundsteuerrechts für verfassungswidrig erklärt hatte, ist es dem Gesetzgeber gelungen, mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, mit dem Grundsteuer-Reformgesetz und dem Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung das Grundsteuerrecht auf neue Grundlagen zu stellen.

Unter Grundsteuer A fallen alle Betriebe der Land- und Forstwirtschaft.

Unter Grundsteuer B fallen sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke, die

nicht der Land- und Forstwirtschaft dienen.

Mit der Grundsteuer C können Kommunen unbebaute baureife Grundstücke durch einen gesonderten kommunalen Hebesatz höher belasten.

Kommunen haben ab dem 01.01.2025 die Möglichkeit, mit der Grundsteuer C aus städtebaulichen Gründen, für baureife Grundstücke als besondere Grundstücksgruppe innerhalb der unbebauten Grundstücke, einen gesonderten Hebesatz festzusetzen. (§ 25 V GrStG) Damit wird es erstmals ermöglicht, einen erhöhten, einheitlichen Hebesatz auf baureife Grundstücke festzulegen. Durch diese Änderung soll ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, die baureifen Grundstücke einer sachgerechten und sinnvollen Nutzung durch Bebauung zuzuführen und diese damit einem reinen Spekulationsmarkt zu entziehen.

Um dies zu erreichen müssen jedoch einige Voraussetzungen vorliegen. So ist unter anderem noch die Definition der baureifen Grundstücke eindeutig zu klären. Zu beachten ist auch, dass der gesonderte Hebesatz auf einen bestimmten Gemeindeteil zu beschränken ist, wenn nur für diesen Gemeindeteil die städtebaulichen Gründe vorliegen.

Dieser Gemeindeteil muss mindestens 10 % des gesamten Gemeindegebiets umfassen und in dem Gemeindeteil müssen mehrere baureife Grundstücke belegen sein.

 

Die genaue Bezeichnung der baureifen Grundstücke, deren Lage sowie das Gemeindegebiet, auf das sich der gesonderte Hebesatz bezieht, sind jeweils nach den Verhältnissen zu Beginn eines Kalenderjahres von der Gemeinde zu bestimmen, in einer Karte nachzuweisen und im Wege einer Allgemeinverfügung öffentlich bekannt zu geben. In der Allgemeinverfügung sind die städtebaulichen Erwägungen nachvollziehbar darzulegen und die Wahl des Gemeindegebiets, auf das sich der gesonderte Hebesatz beziehen soll, zu begründen.

Im Folgenden werden die potentiellen Vor- und Nachteile für die Hansestadt Lüneburg aufgezeigt.

Die Verwaltung der Hansestadt Lüneburg hat sich bereits im Zuge der Grundsteuerreform mit der potentiellen Einführung einer Grundsteuer C auseinandergesetzt. Dabei sollte herausgefunden werden, wie hoch das Aufkommen der Grundsteuer C ausfallen könnte und wie wirksam die Lenkungsfunktion in Bezug auf baureife aber unbebaute Grundstücke ist.   

Positiv zu bewerten ist, dass das Aufkommen der Grundsteuer zu 100 % der Hansestadt Lüneburg zusteht. Es erhöht dabei nicht die Steuerkraft, welche eine Auswirkung auf die Schlüsselzuweisung und Kreisumlage hat.

Damit sich die Lenkungswirkung entfalten und eine nachhaltige Wirkung erzielen kann, muss die Grundsteuer C über mehrere Jahre hinweg erhoben wird.

Dies erfordert Jahr für Jahr neue Prüfungen, Ermittlungen und Veröffentlichungen. Die hierdurch entstehende Mehrarbeit ist aus heutiger Sicht nur durch mehr Personal zu realisieren. Hinzu kommt, dass davon ausgegangen werden kann, dass einige Grundstückseigentümer:innen rechtlich gegen die Grundsteuer C vorgehen werden. Dies hätte unter Umständen lange Gerichtsverfahren zur Folge, deren Ausgang offen ist. Die städtebaulichen Gründe bzw. die Bestimmung der Gemeindeanteile, für die die Grundsteuer C greifen soll, sind rechtlich angreifbar.

Gemäß § 25 V S. 9 GrStG 2025 muss der gesonderte Hebesatz für alle in der Gemeinde oder in dem Gemeindeteil liegenden baureifen Grundstücke einheitlich sein. Da sich die Definition von unbebauten Grundstücken zwischen Bundes- und Landesrecht unterscheidet, können für die Ermittlung von unbebauten Grundstücken nicht die aktuellen Daten der Finanzverwaltung herangezogen werden.

Hinzu kommt, dass die Hansestadt selber Eigentümerin von diversen unbebauten Grundstücken ist. Auch wenn diese Grundstücke zeitnah bebaut werden sollen, müsste die Hansestadt Lüneburg bei diesen Grundstücken vorerst ebenfalls die Grundsteuer C entrichten. Weiterhin ist ein weiterer großer Anteil von Grundstücken bereits durch geschlossene Verträge dazu bestimmt, zeitnah bebaut zu werden. In diesen Fällen würde die Grundsteuer C keinen zusätzlichen Lenkungseffekt entfachen, sondern lediglich eine zusätzliche finanzielle Belastung der aktuellen Eigentümer bedeuten. 

Gegen die Einführung einer Grundsteuer C in der Hansestadt Lüneburg spricht des Weiteren ein Blick in die Vergangenheit.

Bereits in den sechziger Jahren gab es eine der Grundsteuer C vergleichbare „Baulandsteuer“, die der Bundesfinanzhof für die Jahre 1961 und 1962 als verfassungsgemäß ansah (v. 19.04.1968 – III R 78/67). Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Sache blieb aus, da die Steuer aufgehoben wurde, noch bevor ein Verfahren beginnen konnte (BVerfG v. 17.12.1968 – 1 BvR 533/68). Die Baulandsteuer wurde wieder aufgehoben (BT-Drs. IV/924 – v. 23.4.1964, BT-Drs. IV/2142). Der Grund war unter anderem, dass die Steuer zu einer Konzentration der Grundstücke bei wohlhabenden Bevölkerungsgruppen geführt hat, da finanzschwache Bürger:innen ihre Grundstücke aufgrund der höheren Steuer verkaufen mussten. Zudem fiel die Wirkung der Steuer schwach aus. Der entscheidende Grund für die Annullierung der Grundsteuer C war, dass sich das Grundstücksangebot entgegen den Erwartungen nicht erhöht hatte und mit einer überhitzten Baukonjunktur im Jahr 1962 nebst einem Anstieg der Grundstückskäufe durch Spekulanten eine unerwünschte Folge eintrat.“ (BT-Drs. 19/15208 v. 14.11.2019 unter Hinweis auf Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Sachstand Einzelfragen zur Grundsteuer C (www.bundestag.de).

Ob eine höhere Steuer auf Bauland eine Verhaltensänderung von Grundeigentümer:innen in dem gewünschten Sinne bewirken kann, ist also zu bezweifeln. Höhere Kosten bei der Grundsteuer würden sich zusätzlich ggf. im Kaufpreis niederschlagen und bei einer Veräußerung weitergegeben werden. Zuletzt steigt der Bodenrichtwert durch erhöhte Kaufpreise.

Aus den teilnehmenden Kommunen des Arbeitskreises der Steueramtsleiter des Nds. Städtetages plant bisher keine Kommune die Grundsteuer C einzuführen (Stand: Sitzung vom 10.04.2024).

Die vorgeschlagenen Regelungen (Frist von 12 Monaten nach Baugenehmigung, sowie die Regelung zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit) sind zwar nachvollziehbar, führen allerdings zu einem noch höheren Arbeitsumfang.

 

Geschätztes Aufkommen der Grundsteuer C

Nach aktuellen Kenntnissen würde eine Grundsteuer C rd. 694.600 m² an Wohn-, Gewerber- und Mischbebauung berücksichtigen. Von den betroffenen 694.600 m² hält die Hansestadt selbst 356.300 m² (51,3 %) im Eigentum. Zu den städtischen Grundstücken gehören bspw. die bereits sich in Planung befindlichen Wohn- und Gewerbegebiete Wienebütteler Weg, An der Beeke, Bilmer Berg II oder Gebrüder-Heyn-Str. (an die MOIN des LK verkauft). Aktuell werden die Grundstücke mit der Grundsteuer B belastet.

Das Aufkommen einer Grundsteuer C für Grundstücke im Eigentum Dritter, abzüglich der ansonsten festgesetzten Grundsteuer B beträgt 463.600 €. Sollte die Grundsteuer C eingeführt werden, verursacht dies in den Fachbereichen 2 und 6 einen zusätzlichen Personalaufwand in Höhe von 58.500 €. Somit würden tatsächliche Mehrerträge in Höhe von  405.100 € verbleiben.

Reduzieren

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Folgenabschätzung:

A) Auswirkungen auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung Lüneburgs

 

 

Ziel

Auswirkung positiv (+)

und/oder

negativ (–)

 

Erläuterung der Auswirkungen

1

Umwelt- und Klimaschutz (SDG 6, 13, 14 und 15)

-/-

Keine Auswirkung

2

Nachhaltige Städte und Gemeinden (SDG 11)

-/-

Keine Auswirkung

3

Bezahlbare und saubere Energie (SDG 7)

-/-

Keine Auswirkung

4

Nachhaltige/r Konsum und Produktion (SDG 12)

-/-

Keine Auswirkung

5

Gesundheit und Wohlergehen (SDG 3)

-/-

Keine Auswirkung

6

Hochwertige Bildung

(SDG 4)

-/-

Keine Auswirkung

7

Weniger Ungleichheiten

(SDG 5 und 10)

-/-

Keine Auswirkung

8

Wirtschaftswachstum

(SDG 8)

-/-

Keine Auswirkung

9

Industrie, Innovation und Infrastruktur (SDG 9)

-/-

Keine Auswirkung

Die Ziele der nachhaltigen Entwicklung Lüneburgs leiten sich eng aus den 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDG) der Vereinten Nationen ab. Um eine Irreführung zu vermeiden, wird durch die Nennung der UN-Nummerierung in Klammern auf die jeweiligen Original-SDG hingewiesen.

B) Klimaauswirkungen

a) CO2-Emissionen (Mehrfachnennungen sind möglich)

X Neutral (0): durch die zu beschließende Maßnahme entstehen keine CO2-Emissionen

 Positiv (+): CO2-Einsparung (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr

und/oder
 Negativ (-): CO2-Emissionen (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr

b)  Vorausgegangene Beschlussvorlagen

 Die Klimaauswirkungen des zugrundeliegenden Vorhabens wurden bereits in der Beschlussvorlage VO/__________ geprüft.

c)  Richtlinie der Hansestadt Lüneburg zur nachhaltigen Beschaffung (Beschaffungsrichtlinie)

 Die Vorgaben wurden eingehalten.

 Die Vorgaben wurden berücksichtigt, sind aber nur bedingt anwendbar.

oder

X Die Beschaffungsrichtlinie ist für das Vorhaben irrelevant.

Reduzieren

Finanzielle Auswirkungen:

 

Kosten (in €)

a) r die Erarbeitung der Vorlage: 81 €

aa)  Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc.

b) r die Umsetzung der Maßnahmen:

c)  an Folgekosten: 58.500 € Personalaufwendungen 

d) Haushaltsrechtlich gesichert:

 Ja

 Nein 

 Teilhaushalt / Kostenstelle: 

 Produkt / Kostenträger:

 Haushaltsjahr: 

 

e)  mögliche Einnahmen: 463.600 €

 

 

 

Anlagen:

Antrag "Einführung einer Grundsteuer C" vom 19.06.2025

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...